Kids & Coffee to go

Warum man eben nicht alles nebenher kriegen kann, erfahrt ihr in unserem neuen Impuls...

Eine urgemütliche Beschäftigung für mich ist es, Kaffee zu trinken- in aller Ruhe, vielleicht in netter Gesellschaft- zwischendurch, zum Auftanken…

Nun gibt es „Coffee to go“ und ich frage mich: Was soll das denn?

Der Kern des Kaffeetrinkens -die Sinnlichkeit- wird der Geschäftigkeit und Betriebsamkeit des Menschen geopfert und allein auf den Koffeinnachschub reduziert, denn schließlich lassen sich dank verschlossenem Pappbecher neben dem Verzehr nun auch noch diverse andere Aufgaben erledigen- und sei es das Hetzen von A nach B…

Ähnliche Tendenzen beobachte ich in den Programmen der Familienpolitik: Kinder zu kriegen ist durchaus erwünscht, die Erziehung muss allerdings irgendwie nebenher -im Laufe des Hamsterrades- funktionieren.

Als ob es nur eine Frage der Willenskraft und Einstellung wäre, die bisherige Berufstätigkeit nun mit dem Versorgen und Großziehen des neuen Erdenbürgers zu verknüpfen- diverse Betreuungsangebote gibt es schließlich genug-  zumindest wenn man keine großen Qualitätsansprüche stellt. Doch egal wie viel Fremdbetreuung Eltern tatsächlich in Anspruch nehmen, allen bleibt das gleiche Schicksal: die Zeit „in Familie“ reicht hinten und vorne nicht aus.

Erprobte Eltern wissen längst: Erziehung passiert nicht einfach nebenbei. Kinder- und Jugendpsychiater Michael Winterhoff mahnt an, dass Kinder ihre Eltern als permanente Vorbilder brauchen, die jedes erwünschte Erziehungsziel ewig und (nicht nur) 3 Tage mit ihnen einstudieren und üben: Zähneputzen, Schleifenbinden, Tisch decken, Nudeln kochen, Bett beziehen etc. - von der Hausaufgabenbetreuung ganz zu schweigen. Und: jedes Lebensalter hat seine eigenen Tücken & Herausforderungen...!   

„Wann sollen wir das denn alles machen?“  fragt sich manch einer…

Beziehungen und der "gute Draht" zueinander festigen sich v.a. durch gemeinsam verbrachte Zeit und Erlebnisse. Gute Eltern fallen nicht einfach vom Himmel, sie brauchen die Möglichkeit, ihre elterlichen Fähigkeiten in der Praxis zu erproben, Kompromisse auszuhandeln, Prioritäten zu setzen, sich darüber klar zu werden, was sie eigentlich wollen und was nicht- das erfordert Zeit, starke Nerven, einen freien Kopf und den Blick für die jeweilige (Familien)situation. Konsequenz bedarf ebenfalls eines langen Atems und Stress ist ein Liebeskiller.

Die hochgepriesene „Quality-Time“ ist vollkommener Blödsinn, wenn man bedenkt, dass voll berufstätige Eltern am Abend einfach nur noch fertig auf dem Sofa versacken wollen und ihren täglichen Gesprächsbedarf längst auf der Arbeit gestillt haben. Elterliche Verantwortung & die Bedürfnisse unserer Kinder passen in kein modernes Vereinbarkeitsmodell. Es lasten so viele Anforderungen auf uns Eltern und so viele Erwartungen werden gestellt, dass an einer Stelle Abstriche gemacht werden müssen. An welcher?

Die „Kinder to go“ bleiben also bloßer Wunschtraum derer, die die Notwendigkeit der elterlichen Einflussnahme unterschätzen oder bewusst untergraben- meist haben diese Stimmungsmacher selbst gar keine Kinder.

Allen anderen wünsche ich, dass sie Kaffee & Kinder weiterhin genießen und sich nicht blenden lassen von dem Angebot, dass alles auch als eine Nebenbei- Version zu kriegen ist, wenn man sich nur die richtige Einstellung zulegt…

Autor: Romy Richter

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