Verwöhnen

Wie ein großer Schatten hatte sich die Angst, mein Kind zu verwöhnen, auf mich gelegt. Vor allem beim ersten Kind war ich deshalb regelmäßig verunsichert und irritiert. Selbst bei kleinsten alltäglichen Entscheidungen regte sich diese leise Stimme in mir und manchmal begegnete sie mir auch in Form von wohlgemeinten Ratschlägen aus meiner Umwelt...

"Du verwöhnst sie nur!" "Du kriegst ihn nie wieder los!" "Das lernt er doch nie!" "Wann willst du endlich mal durchgreifen?" "Wie lange willst du das noch machen?" "Du verweichlichst dein Kind!"

Das sind einige Kommentare, die dir vielleicht auch begegnen und eines gemeinsam haben: sie lassen dich glauben, dass du gerade einen folgenschweren Fehler machst, der sich nicht rückgängig machen lässt. Mittlerweile habe ich Klarheit über dieser Art von Beeinflussung und gebe dir deshalb gern einige Anregungen und Gedanken mit auf den Weg:

  1. Lass dir keine Angst machen. Angst ist nicht die richtige Motivation für Erziehung!
  2. Überlege stattdessen, was dir wichtig ist für das spätere Leben deines Kindes und entscheide, wie du es persönlich am besten auf diesen Weg bringen kannst! Rücksichtnahme z.B. lernen Kinder dadruch, dass auf sie (und ihre Bedürnfisse) Rücksicht genommen wird.
  3. Eltern dürfen Fehler machen und auch mal eine falsche Entscheidung treffen. Nicht jede Fehlentscheidung hat sofort folgenschwere unkorrigierbare Konsequenzen. Entspann dich!
  4. "Kinder, die geliebt werden, werden Erwachsene, die lieben." Prüfe also jeden gut gemeinten Ratschlag auf "Liebestauglichkeit": Führt dich die Umsetzung auf einen Weg der Liebe zu deinem Kind? Wird es eure Beziehung vertiefen? Oder bewirkt sie das Gegenteil?
  5. Wenn du dir wünschst, dass dein Kind sozialverträglich aufwächst, solltest du selbst ein gutes Beispiel sein und "soziale" Entscheidungen treffen.
  6. Kinder, die in Geborgenheit aufwachsen und deren Bedürfnisse gestillt werden, haben ein sicheres Fundament, um auch Grenzen zu akzeptieren, die ihnen gesetzt werden.
  7. Kinder nehmen Regeln ihrer Eltern an und gehorchen weitestgehend freiwillig, wenn sie spüren, dass sie grundsätzlich bedingungslos geliebt sind und ihre Eltern wohlwollend mit ihnen umgehen.
  8. Warum sollten wir unseren Kindern etwas verwehren, dass wir selbst nötig haben: einen liebevollen Umgang, einen freundlichen Umgangston, dass uns zugehört wird, dass wir Fehler machen dürfen, dass wir uns mitteilen können, dass wir ernstgenommen werden...
  9. Kleine Kinder manipulieren nicht. Wenn Babys schreien, teilen sie immer ein Bedürfnis mit. Solange ihnen die Worte fehlen, ist Schreien ihre einzige Sprache und wir sollten sie unbedingt verstehen lernen! Wenn wir auf die unmittelbaren Bedürnfisse des Kindes nicht eingehen, passiert es, dass es resigniert und aufhört sich mitzuteilen. Jedes Eingehen auf sein Schreien versteht das Baby als Ermutigung zum Leben und als Beweis unserer Liebe.
  10. Wenn du nicht sicher bist, ob du dein Kind trösten sollst oder es bei dir schlafen lassen willst, ob du es stillen und tragen "darfst", entscheide dich im Zweifelsfalle für die Liebe, denn: Liebe kann man nie genug bekommen. Man erntet, was man sät.
  11. "Verwöhnen heißt, etwas zu geben, das nicht unbedingt gebraucht wird." Demnach ist es gut und richtig, dein Kind seelisch zu sättigen und auf seine emotionalen Bedürfnisse nach Nähe, Geborgenheit und Liebe einzugehen! Was womöglich nicht unbedingt gebraucht wird, sind materielle Dinge. Da lohnt es sich im Alltag genau abzuwägen.
  12. Wenn du dich für den Weg der Liebe entscheidest, bist du herausgefordert, viel zu geben. Achte darauf, dass dein eigener Liebestank gefüllt wird und verwöhne dich hin und wieder selbst mit Dingen, die dir Freude machen.

Autor: Romy Richter
Artikel "Wie verwöhnt man Kinder?" von Herbert Renz Polster hier

Hanne Kerstin Götze

Alle diejenigen hatten Glück, die eine Mutter hatten, deren Herz einfach stärker war als alle Vorschriften und Umstände.

Maria Uebel

Das Problem ist, dass wir Verwöhnen mit Verziehen d.h. mit unangebrachter Entwicklungspädagogik verwechseln. Wenn wir anfangen einem Kind ständig Dinge abzunehmen, die seinen Fähigkeiten entsprechen, wenn wir es vor allem bewahren wollen, ihm jede Frustrationserfahrung ersparen, dann kommen wir in einen Bereich, der nichts mit Verwöhnen zu tun hat- ein Bereich der schadet und Entwicklungspotenziale hindert. Aber Verwöhnen steht ja für etwas tun, das gut tut und davor brauchen wir uns nicht zu fürchten.

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