Warum Bindung so wichtig ist...

Im ersten Lebensjahr wird die Fähigkeit, Liebe und Empathie zu empfinden, entwickelt. Eine friedliche Kindheit bildet die Grundlage für lebenslange geistige Gesundheit.

Steve Biddulph

Nahezu alle Wünsche, die Eltern für ihre Kinder hegen, finden Erfüllung auf der Basis einer stabilen Bindung. Die Investition in diese tiefe, prägende Beziehung wird belohnt mit:

Urvertrauen

Kann ein Säugling bei seinen Eltern Urvertrauen erwerben, wird er selbst ein Mensch, dem man vertrauen kann und auch er selbst wird fähig sein, anderen zu vertrauen. Er hat als Säugling gelernt, dass es sich „lohnt“ zu vertrauen.  Hier liegt auch eine gute Grundlage für unser Gottvertrauen.

Rücksichtnahme

Bekommt ein Säugling von seinen Eltern alle Grundbedürfnisse gestillt, lernt auch er, zu geben, weil er erfahren durfte, dass seine Eltern ihm auch alles gegeben haben. Er ist nicht einer, der nur nimmt.

Bildung

Bindung macht intelligent: weil die Eltern da sind und Geborgenheit geben, hat das Kind eine sichere Basis, von der aus es seine Umwelt entdecken und untersuchen kann. Und wenn man als kleines Kind etwas untersuchen kann, lernt man dazu. Geborgenheit ist also nötig, um seine Intelligenz und Kreativität zu benutzen und auszubauen. Bindung ist Voraussetzung für Bildung.

Spürt das Kind die Verlässlichkeit der Person, die sich für seine Bedürfnisse zuständig zeigt, so kann es sich bezüglich seiner Versorgung entspannen. All die ihm zur Verfügung stehende Energie steht ihm dann für das Ausschwärmen in unbekannte Gefilde zu. Gordon Neufeld nennt diesen Effekt "Emergenz", eine Frucht der Bindung, die sich automatisch einstellt.

Stefanie Selhorst

Sozialverhalten

Sicher gebundenen Kindern ist es möglich, soziale Kompetenzen zu erwerben: Regeln kann man nur ertragen, wenn man auch Geborgenheit kennt, wenn  liebevoll Grenzen gesetzt wurden, wenn man von liebenden Eltern Konsequenzen erfahren hat. Kinder, deren Bedürfnisse und Befindlichkeiten ernstgenommen werden, lernen selbst verständnisvoll und einfühlend mit anderen umzugehen. Sicher gebundene Kinder entwickeln emotionale Stabilität. (Christa-Maria Steinberg)

Erziehungserfolg

Eine stabile verlässliche Bindung ist die ideale Voraussetzung dafür, dass die Erziehung des Kindes -auch langfristig- gelingt. Fühlt ein Kind sich geliebt, wertgeschätzt und angenommen, gehorcht es weitestgehend freiwillig, um seinen Eltern zu gefallen. Kinder nehmen die Eltern eher als Vorbilder wahr, wenn diese authentisch und zuverlässig da sind. Je inniger die Beziehung zwischen Eltern und Kind gebaut wurde, umso leichter lässt es sich miteinander im Alltag leben. Wenn Kinder erleben, dass ihren Grundbedürfnissen Rechnung getragen wird, kooperieren sie auch gern und nehmen Rücksicht.

Wenn ein Kind früh die Erfahrung macht, geliebt zu werden und vertrauen zu können, bewahrt es diese Erinnerung als inneren Trost und Stärke auf. Standhaftigkeit im späteren Leben fußt auf dem Gefühl von Vertrauen und Liebe. Dieses Gefühl ist ein Schatz, und wenn die Verhältnisse schwieriger werden, kommen diejenigen am besten damit zurecht, die als Kind geliebt wurden.
Ohne emotionale Intelligenz werden kluge Menschen manchmal zu regelrechten „Arschlöchern“, andere, eher schlichte Menschen lässt das Vorhandensein dieser Eigenschaft liebevoll, weise und einfach wunderbar werden.

Steve Biddulph

Aber weit darüber hinaus wächst dem Menschen die Fähigkeit zur Nachahmung, zur Einsicht, ja zur Einfühlung durch das erste anschauende, nachahmungsbereite, körpernahe Infiziert-sein mit der Mutter zu. Diese Identifikation mit einem Schenkenden- denn wenn die Mutter nicht opferbereit ist, kommt die Identifikation ja nicht zustande- bewirkt, dass auch das Kind ein schenkender Mensch zu werden vermag, d.h., dass er bereit werden kann, auf eigene Triebwünsche zu verzichten, um den Menschen zu erfreuen, von dem er sich geliebt weiß: er erwirbt z.B. die Möglichkeit, selbst eine gute Mutter zu sein.

Christa Meves

Linktipp: Eltern-Kind-Bindung, Dagmar Neubronner im Interview mit Eva Hermann  

Weiterlesen: Den Bindungshunger verstehen