Die berüchtigte Auszeit für Kinder

Was ist das?      

Stille Ecke, Stiller Stuhl, Stille Treppe – für die sogenannte „Auszeit“ gibt es viele Begriffe, aber der Inhalt ist immer derselbe. Hin und wieder liest man in Ratgebern davon, hört es von Freunden oder Bekannten oder erlebt es selbst mit: Kinder werden, wenn sie nicht hören oder etwas falsch gemacht haben, vor die Tür geschickt oder müssen in der Ecke stehen und still sein.

Wo liegt das Problem?

Wenn das Kind in der „Auszeit“ ist, kann es sich nicht verteidigen. Es kann nichts erklären. Es muss aufhören zu weinen, soll sich selbst beruhigen und seine Gefühle unterdrücken. Quasi auf Knopfdruck soll es „lieb“ sein. Es stellt sich die Frage, warum so darauf bestanden wird, dass das Kind sich selbst beruhigt. Warum „darf“ kein Gespräch stattfinden?

Alternativen?   

Im Gespräch könnte sich das Kind mitteilen und seine Sichtweise erklären. Wir könnten das kindliche Leid sehen, könnten Mitleid fühlen. Es könnte Blickkontakt entstehen und wir könnten schließlich das Kind in den Arm nehmen, ein Gespräch anfangen und gemeinsam das Anliegen klären.

Hintergründe

Aus der heutigen Forschung wissen wir, dass uns Menschen der seelische Schmerz genauso weh tut, wie der körperliche Schmerz. Zurückweisung und Ablehnung tun weh. Unser Gehirn wird dabei an der gleichen Stelle aktiviert wie bei einem körperlichen Schmerz. Das heißt, unser Gehirn macht keinen Unterschied, ob wir von einem Menschen gekränkt werden oder ob wir zum Beispiel Kopfschmerzen haben. Wenn wir jedoch jemandem zuhören, dem es nicht gut geht, der Schmerzen hat, dann helfen wir ihm, mit seinem Schmerz besser fertig zu werden. Kranke und Einsame freuen sich über einen Besuch und den Traurigen hilft ein tröstendes Wort. Immer wenn sich Menschen begegnen, kann Beziehung entstehen.

Gefühle erkennen und verstehen

Kinder stoßen - genau wie wir Erwachsenen - manchmal an ihre Grenzen. Sie fühlen - genau wie wir Erwachsenen - Wut, Schmerz, Ärger oder Trauer. Aber diese Gefühle sind nichts „Böses“. Alle Menschen, ob groß oder klein, dürfen und sollen ihre Gefühle spüren. Unsere Aufgabe als Eltern ist es, diese Gefühle
zuzulassen und beim Namen zu nennen. Wir sollen dem Kind helfen, diese Gefühle, mit denen es in diesem Moment vielleicht selbst nicht umgehen kann, zu verstehen.

Trost und Vertrauen

Manche Eltern befürchten, wenn sie die Sache beim Namen nennen, wird es nur noch schlimmer. Aber das Gegenteil ist der Fall: ein Kind, das Worte für seinen Schmerz hört, fühlt sich getröstet und verstanden. Bei uns Erwachsenen ist es genauso. Wir zeigen unsere Gefühle auch nur den uns vertrauten Personen. Wenn wir z. B. auf Arbeit Ärger und Stress haben und deshalb unglücklich sind, werden wir uns nicht irgendjemanden auf der Straße oder beim Einkauf anvertrauen, sondern einem Vertrauten zu Hause- in unserer Familie.

Unsere Aufgabe als Eltern ist es, in erster Linie da zu sein, zuzuhören und Verständnis zu zeigen. Denn Zuwendung und eine liebevolle Geste lindern den Schmerz, das wissen wir auch als Erwachsene.

Autor: Sabine Sprenger

Robin Grille

Unser Ziel ist nicht:ein glückliches, ein selbstbewusstes oder erfolgreiches Kind; sondern es geht darum, zu lernen, wie wir auf jedem Schritt des Weges am besten in Beziehung zu unserem Kind treten können. Verbindung wird spürbar, wenn wir unsere Rüstung fallen lassen und wächst aus unserem Interesse, unserem Kind zuzuhören und von ihm zu lernen und ihm den Respekt und die Freiheit zu geben, die es braucht, um es selbst zu sein. Echte Beziehung heilt und lässt beide – Eltern und Kinder – wachsen.

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